Die derzeitige Situation der Bundes SPD ist in den Ortsvereinssitzungen der Bad Endorfer SPD immer wieder Thema. Wenn man den Umfragen Glauben schenkt, wird die Arbeit der Sozialdemokraten in der großen Koalition durch die Wählerinnen und Wähler eher kritisch bewertet. Angesichts der vielen Erfolge, von der abschlagsfreien Rente nach 45 Beitragsjahren über die kürzlich verabschiedete Tarifpflicht in der Pflege, das Lieferkettengesetz bis hin zur Initiative für eine globale Mindeststeuer und nicht zuletzt das Corona Konjunkturpaket von Finanzminister Scholz, das Deutschland bisher deutlich besser durch die Krise kommen ließ als viele andere Staaten, ist diese kritische Bewertung möglicherweise nicht immer faktenbasiert. Dennoch ist es unbestritten, dass man als Partner an der Seite der Union (einem Bündnis, das bekanntermaßen kein Herzensprojekt der Partei war, sondern nötig wurde, weil CDU/CSU, FDP und Grüne zusammen sich als nicht regierungsfähig erwiesen) so manches sinnvolle Projekt einfach nicht durchbringen kann. Das jüngste und besonders ärgerliche Beispiel ist der gescheiterte Versuch, endlich die Rechte von Kindern im Grundgesetz zu verankern. Ein Vorhaben, das eigentlich niemand mit vernünftigen Argumenten ablehnen kann und welches auch im Koalitionsvertrag vereinbart war, wurde von der Union aus parteitaktischen Gründen auf den Rücken der Kinder sabotiert.
Was hat das alles mit Bad Endorf zu tun?
Eine ganze Menge. So viele Jugendliche wie in diesem Frühjahr sah man selten in Bad Endorf. Am Kirchplatz, Moosbauerplatz oder vor den Supermärkten: überall sammelten sich Kinder und Jugendliche. Während des Lockdowns musste mehrfach die Polizei kommen und die Ansammlungen auflösen. Aber wohin? Der Jugendtreff am Haus des Gastes, die Angebote der Schulsozialarbeit, alles das stand für mehrere Monate nicht oder nur eingeschränkt zur Verfügung. Wenn die Ansammlungen friedlich blieben, war das ein Glücksfall. Pöbeleien mit Anwohnern, Schmierereien an Hauswänden und hier und da der harzige Geruch von Cannabis zählten mit zum Gesamtbild. Dass nun langsam wieder die Normalität zurückkehrt, sollte uns alle freuen – nicht zuletzt um der Jugendlichen willen. Das soziale Experiment, dessen Zeugen wir alle geworden sind, sollte uns aber auch zum Nachdenken bringen: Die Jugendsozialarbeit in Bad Endorf aufzubauen, hat viele Jahre gedauert. Immer wieder musste die SPD-Fraktion Überzeugungsarbeit leisten, dass das Engagement lohnt und dass gut betreute Jugendliche ein Wert sind, den sich die Marktgemeinde auch etwas kosten lassen darf.
So wurde auf Bestreben der SPD ab 2018 das Budget für den Jugendtreff deutlich auf 35 Tsd. EUR erhöht mit dem Ziel, gemeinsam mit dem Träger das pädagogische Konzept zu überarbeiten und die Betreuungszeiten auszuweiten. Die Umsetzung des Beschlusses wurde von der vormaligen Gemeindeführung deutlich verzögert. Eine Ausweitung der Betreuungszeiten erfolgte nicht, und der Budgetabruf durch den Träger blieb konstant unter 15 Tsd. EUR pro Jahr, wie dem überraschten Gemeinderat in einer Verwaltungsauskunft in der Gemeinderatssitzung am 18.05.2021 mitgeteilt wurde. Im Herbst 2019 wurden zwar potentielle neue Konzepte vorgelegt; es stand jedoch fest, dass der Jugendtreff dringend saniert werden muss, um weiter betrieben werden zu können. Dann kam bekanntlich der Lockdown und die Schließung des Jugendtreffs. Unter der neuen Gemeindeführung wurde diese Zeit nun zumindest sinnvoll genutzt: Die notwendigen Renovierungsarbeiten wurden vom gemeindlichen Bauhof endlich durchgeführt.
Jetzt ist es an der Zeit, das 2018 gegebene Versprechen einzulösen und den Jugendtreff mit einem erhöhten Budget weiter zu betreiben! Denn im Lockdown zeigte sich, wie sehr die SPD-Fraktion mit der Budgeterhöhung Recht hatte. Noch immer braucht es in Bad Endorf eher mehr als weniger soziales Engagement für Jugendliche. Würde man in der Bürgerschaft eine Umfrage machen, ob die Jugendsozialarbeit wichtig ist, würde man vermutlich kaum jemanden finden, der sie ablehnt. „Natürlich ist sie wichtig“, sagen viele und meinen, dass sie ganz selbstverständlich von jeder Kommune in Deutschland geleistet werden muss. In der Realität ist das aber nicht so. Immer wieder muss ihr Platz in den kommunalen Haushalten neu erstritten werden. Immer wieder ist es die Stimme der SPD, die für die Jugendlichen spricht.
Kommunen haben Verantwortung und auch Gestaltungsspielraum, um die Rechte von Kindern zu garantieren. Ob diese Rechte verwirklicht werden, entscheidet sich vor allem auch in ihrem unmittelbaren Lebensumfeld. Die Gemeinderatsfraktion und der Ortsverein der Bad Endorfer SPD werden diesem Thema auch in Zukunft einen hohen Stellenwert einräumen und gemeinsam mit Kindern und Jugendlichen versuchen, Bad Endorf zu einer wirklich kinderfreundlichen Kommune zu entwickeln.
SPD-Vorstand und Fraktion: Dominik Bergmann und Walter Kindermann