Über Thermenrettung und Thermenumbau
Liebe Bürgerinnen und Bürger,
Ende Mai wurde die Marktgemeinde von einer Drohverlustrückstellung der Gesundheitswelt Chiemgau, kurz GWC AG, erschüttert. Die Marktgemeinde ist mit rund 76% der Aktien Mehrheitsaktionär der GWC AG. Die Höhe der gebildeten Rückstellungen beträgt rund 13,3 Millionen Euro.
Bei Drohverlustrückstellungen handelt es sich um Rückstellungen, die nach dem Prinzip der kaufmännischen Vorsicht für in Zukunft anfallende eventuelle Verluste gebildet werden. Das heißt, die Verluste können in Zukunft eintreten, müssen aber nicht eintreten! Sie sind eventuell noch abwendbar.
Sorgenkind Chiemgau Thermen
Das größte Sorgenkind ist derzeit die Chiemgau Thermen GmbH, eine Tochtergesellschaft des GWC Konzerns. Die Chiemgau Thermen sind seit Jahren in den roten Zahlen und werden voraussichtlich auch im Jahresabschluss 2011 ein operatives Geschäftsergebnis mit Verlusten in Höhe von rund 700.000 € erwirtschaften. Ein Grund hierfür sind hohe Pachtzahlungen an die Marktgemeinde. Weitere Gründe für die hohen Drohverlustrückstellungen sind notwendige Brandschutzinvestitionen, sowie Sanierungen an den 40 Jahre alten Jod-Thermalsole Bohrungen. Die Marktgemeinde macht durch die hohen Pachtzahlungen keinen Gewinn. Sie benötigt diese, um die für die Immobilien der GWC AG aufgenommenen Kredite zu tilgen. Die übrigen Tochtergesellschaften des GWC Konzerns sind weitestgehend gesund und schreiben schwarze Zahlen.
Die aktuelle buchhalterische Situation und der Jahresabschluss 2011 haben keine Auswirkungen auf die Liquidität des Konzerns, aber es beginnt mit diesen Rückstellungen ein Countdown.
Es wird ganz klar durch den Vorstand des Konzerns signalisiert: Die vorhandenen Probleme müssen gelöst werden. Sollten die Drohverlustrückstellungen zu wirklichen Verlusten werden, dann wird die GWC AG Insolvenz anmelden müssen.
Die größten Negativ-Einflüsse für den GWC Konzern kamen dabei von außen, wie das Ende des Kur-Tourismus durch die Gesundheitsreformen der letzten zwanzig Jahre, sowie durch veränderte Brandschutzbestimmungen. Das ehemalige Management der GWC AG, insbesondere der ehemalige Vorstand Herr Ottmar Steßl, muss sich aber vorwerfen lassen, die Chiemgau Thermen nicht ausreichend an die neue Marktsituation angepasst zu haben.
Das neue Management der GWC AG, allen voran die beiden Vorstände Herr Hämel und Herr Zeh, handelt offen und transparent. Mit der Bildung der Drohverlustrückstellung legen sie die Karten auf den Tisch. Es handelt sich dabei um eine unliebsame, aber richtige Maßnahme! Sie entspricht voll und ganz dem Prinzip der kaufmännischen Vorsicht und kann, wenn jetzt richtig gehandelt wird, das Weiterbestehen der Unternehmung sichern.
Wie können die Probleme gelöst werden?
Die aktuelle Situation kann nur ganzheitlich gelöst werden. Es geht nicht nur darum zu klären, wer welche der anstehenden Investitionen zahlen muss und wie diese refinanziert werden, sondern es geht vor allem darum, wie man das Unternehmen durch schlanke und einfache Strukturen zukunftsfähig machen kann.
Dies kann in erster Linie nur durch eine strukturelle Entflechtung der GWC AG und der Stiftung Gesundheitswelt GmbH gelöst werden. Dies bedeutet auch die verworrene Immobiliensituation zu entflechten. Allen voran kann es sinnvoll sein, die Simssee Klinink GmbH aus dem Konzern herauszunehmen. Diese kann als gemeinnützige Betriebsgesellschaft ohnehin keine Gewinne an die GWC Holding abführen, demzufolge ist es paradox diese als Tochtergesellschaft einer gewinnorientierten Holding zu führen. Eine weitere wichtige Baustelle ist die gesamtschuldnerische Mithaftung der GWC Holding und der Tochtergesellschaften an den Krediten der Bayern LB gegenüber der Stiftung Gesundheitswelt GmbH.
Es muss eine klare, durchgängige Trennung von Immobilien zum operativen Geschäft und zur Marktgemeinde erfolgen. Die tief verworrenen Rechtsverhältnisse müssen aufgedröselt werden. Nur so ist auch klar erkennbar, wer zur Durchführung zukünftiger Investitionen verpflichtet ist.
Auch die Akquise eines privaten Investors würde durch diese Maßnahmen erleichtert werden. Dieser wird zwingend notwendig sein, um die Therme strategisch neu auszurichten. Um die Chiemgau Thermen wieder attraktiv für Kunden zu machen und in die schwarzen Zahlen zu führen, werden weitere Investitionen erforderlich sein. Das dazu benötigte, frische Eigenkapital wird die Marktgemeinde alleine nicht aufbringen können.
Schnellschüsse und Spekulationen wie eine solche Lösung aber exakt aussehen könnte und wie sich die aktuelle Situation hinsichtlich der Drohverlustrückstellungen verändern würde, sind noch nicht möglich und auch nicht sinnvoll, denn eine solche strukturelle Entflechtung kann mit der Rückzahlung von staatlichen Fördergeldern und Steuerbegünstigungen verbunden sein. Es ist nun die Aufgabe des Managements, zusammen mit dem Aufsichtsrat, die notwendigen Maßnahmen vorzubereiten und mögliche Szenarien durchzuspielen. Und es wird hierzu zwingend notwendig sein, auch die Regierung von Oberbayern, den Freistaat Bayern und insbesondere die Marktgemeinde als Mehrheitsaktionär in diesen Prozess mit einzubeziehen, um eine tragbare und zukunftsfähige Lösung zu erarbeiten.
Denn eines ist klar: Zum Wohle der Beschäftigten und Bürger muss es der Marktgemeinde, dem Landkreis Rosenheim, dem Bezirk Oberbayern und auch dem Freistaat Bayern am Herzen liegen, dass der Thermenbetrieb weitergeht.
Aber eine Lösung darf auf keinen Fall zu Ungunsten der finanziellen Situation der Markgemeinde ausfallen! Denn die Hauptverpflichtung der Marktgemeinde ist nicht der Betrieb eines Jod-Thermalbads, sondern die Öffentliche Daseinsvorsorge.
Moorbad Umbau
Persönlich finde ich es deshalb ein Unding, wenn manche Gruppierungen und auch die CSU versuchen, den möglichen Umbau des Moorbads in ein Naturbad mit der GWC AG in Verknüpfung zu bringen. Es darf nicht passieren, dass aufgrund der Situation der GWC AG, die Marktgemeinde kein Geld mehr für andere wichtige öffentliche Investitionen übrig hat.
Auch die Aussage „mit der Therme haben wir bereits ein Bad, warum sollte man ein weiteres erhalten?“, kann ich nicht teilen, denn ein Jod-Thermalbad ist eben nicht mit einem Freizeitbad, überwiegend für Kinder und junge Familien zu vergleichen.
Der Umbau des Moorbads in ein Naturbad kostet der Marktgemeinde rund 550.000 €. Es gibt bereits Zusagen zu Fördergeldern durch Leader + in Höhe von 150.000 €. Das heißt die Marktgemeinde hätte noch rund 400.000 € zur Verfügung zu stellen. Ein Umbau des Moorbads würde außerdem eine Kostenreduzierung der jährlichen Betriebskosten von rund 65.000 € auf 30.000 € mit sich bringen. Das würde bedeuten, ein Umbau würde sich allein durch die Kostenreduzierung innerhalb von nur 12 Jahren refinanzieren. Außerdem würde durch das seeähnliche Umfeld, die Attraktivität des Moorbads erheblich gesteigert werden. Will man das Moorbad als Naherholungsalternative im Ortskern erhalten, so stellt diese Variante die einzige sinnvolle Möglichkeit dar!
Mit besten Grüßen
Ihr, SPD Ortsverein Bad Endorf
Walter Kindermann, Stellv. OV-Vorsitzender