Noichl: Bürger und Kommunen wollen ein Recht auf Mitsprache
Landkreis/Berlin – Wenn der Bundestag bald über eine Reform des Bergrechts debattiert, werden Bürger und Politiker aus dem Landkreis Rosenheim dies mit großer Aufmerksamkeit verfolgen. Der aktuelle Streit über Erdgasbohrungen am Langbürgner See, aber auch der jahrelange Zwist um geplante Wasserbohrungen der Stadtwerke Rosenheim am Hofstätter See hätten in den Augen vieler durch ein transparentes und zeitgemäßes Bundesberggesetz vermieden werden können. Dementsprechend gespannt blickt jetzt auch die Rosenheimer Landtagsabgeordnete Maria Noichl nach Berlin, die sich gemeinsam mit der Rosenheimer Bundestagsabgeordneten Angelika Graf innerhalb der SPD für eine umfassende Reform des 100 Jahre alten Bergrechts stark gemacht hatte.
Laut einem Antrag, den die Sozialdemokraten jetzt im Bundestag einbrachten, sollen bei Vorhaben zum Abbau von Bodenschätzen die Öffentlichkeitsbeteiligung und der Umweltschutz künftig stark verbessert werden. Besonders die zuständigen Kommunen, die Umwelt- und Wasserbehörden will die SPD deutlich stärker beteiligen. „Bisher werden beim Genehmigungsverfahren die Bürger und Kommunen fast nicht gefragt“, moniert Maria Noichl. „Das Bergrecht scheint immer noch auf dem mittelalterlichen Gewohnheitsrecht zu beruhen – es zählt ausschließlich der wirtschaftliche Erfolg für ein bestimmtes Klientel, die Öffentlichkeit ist nur Zuschauer und muss sich mit den Gegebenheiten abfinden“, kritisiert auch Angelika Graf. Die beiden SPD-Abgeordneten fordern: „Für die Nutzung der Rohstoffe auf Bundesgebiet müssen die Interessen aller Beteiligten – Rohstoffbranche, Kunde, Bevölkerung und Staat – durch ein reformiertes Bergrechtsgesetz ausgeglichen werden.“
Bei der Bürgerinitiative „Gegen Gasbohren unter dem Langbürgner See“ sieht man das genauo: „In Zeiten, in denen die Versorgung mit sauberem Trinkwasser immer wichtiger wird und immer strengere Umweltauflagen gelten, kann es nicht sein, dass das Bergrecht auf seinem mittelalterlichen Stand bleibt“, mahnt Gerhard Kolbeck, der Sprecher der Initiative. „Es ist auch nicht tragbar, dass das derzeit geltende Gesetz für Gemeinden und Anwohner keinerlei Mitspracherecht vorsieht“, so Kolbeck. Er wünscht sich vor allem, dass Antragsunterlagen künftig allgemein öffentlich einzusehen sind.
Eggstätts Bürgermeister Hans Schartner weiß zwar, dass eine Reform für die von der RAG Austria geplanten Gasbohrungen am Langbürgner See zu spät komme. „Wenn dadurch aber der Wasser- oder Naturschutz verbessert wird, egal ob in Eggstätt oder anderswo, dann unterstütze ich das auf jeden Fall“, sagt Schartner. Quirin Meisinger, der als langjähriger Bürgermeister von Prutting fast machtlos mit zusehen musste, wie die Stadtwerke Rosenheim Wasserbohrungen am Hofstätter See planten und ihr Vorhaben erst nach massiven Bürgerprotesten auf Eis legten, hält eine Gesetzesnovelle ebenfalls für überfällig. „Den Kommunen sollte eine starke Rechtsposition im Genehmigungsverfahren eingeräumt werden. Schließlich sind die Kommunen und ihre Bürger vor Ort die Hauptbetroffenen von bergrechtlich relevanten Projekten“, fordert Meisinger.
Zusammen mit dem Kreis-JUSO-Vorsitzenden Walter Kindermann aus Bad Endorf hofft Maria Noichl nun im Sinne der Bürger, dass der SPD-Antrag im Bundestag Erfolg hat. Als „scheinheilig“ bezeichnet sie das Verhalten des Rosenheimer CSU-Landtagsabgeordneten Klaus Stöttner. Dieser habe sich am Langbürgner See zwar auf die Seite der Gegner der geplanten Gasbohrungen geschlagen. „Die Bayerische Staatsregierung will aber am geltenden Bergrecht festhalten, auch wenn Klaus Stöttner etwas anderes erzählt“, kritisiert Noichl. So habe das Wirtschaftsministerium auf eine schriftliche Anfrage Noichls geantwortet, dass man die Beteiligung von Kommunen und Bürgern beim derzeit gültigen bergrechtlichen Genehmigungsverfahren für angemessen hält und eine Initiative der Staatsregierung im Bundesrat für eine Gesetzesnovelle nicht geplant sei